Martina Peter

Wenn du willst zur Lyrik kommen
Musst verzichten du auf Reim
Besser nichts beim Wort genommen
Und schreib lieber alles klein.

Bilde Sätze, breche Zeilen
Bau Wörter auseinander dir
Zerbrochenes sollst du nicht heilen
Wenn du lebst im Dicht-Revier.

Verpönt sind auch die Großbuchstaben -
Überhaupt, doch ganz fatal
Wenn sie dort am Anfang ragen
Einer Zeile – wie banal!

Verse schmieden, Reime bilden
Das ist leider so Old-School
Dass selbst die sonst wirklich Milden
Sagen: Bitte, das ist echt nicht cool.

All die Jamben und Trochäen
Die du in der Schule lerntest
Höre auf die Koryphäen:
Wohl dir, wenn du sie entferntest!

Wenn du reimst, dann nur zu Feiern
Wo ein jeder trinkt und lacht
Wo die Verse gern rumeiern
Und klingen so wie nachgemacht.

Oder wenn du gehst zum Slammen
Wo Lyrik nicht mehr Lyrik heißt
Wo junge Menschen sich nicht hemmen
Wo Poetry die Richtung weist.

Lyrik heute geht nur ohne
Reime und den ganzen Kram
Und: Echte Lyrik ist die Krone
Egal, ob sie dann mitteilsam.

Warum, fragst du? Warum nicht reimen?
Auch wenn du vom Herzen sprichst?
Weil du, wenn du bleibst beim Reimen
Vielleicht eben jene brichst?

Etwa noch gefühlig werden?
Etwas rühren oder gar
Beschreiben, was du spürst auf Erden
Dinge, die so sonderbar?

Nein, hier geht es nicht um Schmerzen.
Hier geht es um Sachverstand.
Dies Geraune um die Herzen
Ist doch leider zu bekannt.

Dichter suchten blaue Blüten
die sie priesen immerzu.
Später hieß es: Preist den Ziethen!
Nationalstolz kam hinzu.

Dunkelheit in der Geschichte.
Auch in der Lyrik, ist doch klar.
Weshalb der Anspruch an Gedichte
Im Sinn des neuen Anfangs war.

Drum merk dir: Finger weg von alten Formen!
Weil dies nicht mehr der Bringer ist.
Die Lyrik lebt nach andren Normen -
Es sei denn, man(n) ist Humorist.

(2019)