Jeden Tag auf‘s Neue ins Büro.
Seit 30 Jahren mache ich das so.
Ich lese Texte. Lese Fragen.
Soll wissen und soll Neues wagen.
Soll neues Regelwerk ersinnen.
Was Chefs sich dann ans Revers pinnen.
Soll unter Zeitdruck etwas schreiben
weil mich dazu die Chefs wohl treiben.
Wann ist es fertig, wann, wie lange?
Dauerts noch mit dem Gebange?
Der höchste Chef will ein Ergebnis.
Er will sich brüsten, ein Erlebnis.
Ich schaffe still in meinem Zimmer.
Erdenke, schreibe, wäge immer.
Dazu noch Mails an jedem Tage
oft mehr als hundert, eine Plage.
Denn darin sind nur noch mehr Fragen.
Geht das hier so, kann man‘s so sagen?
Conventions für die Mitgliedstaaten
mit Klauseln aller Sorten, Arten.
Und Bitten um mehr Textbeiträge
für Fragebögen, Sheets, Verträge -
hier muss hinein, was wir geschaffen,
hier wird gezeigt, wo Lücken klaffen.
Ich prüfe mit, ich nehme Stellung.
Wenn‘s gut läuft, dient es der Erhellung.
Wenn‘s schlecht läuft, hab ich nur gemeckert.
So geht das nicht, geklotzt, gekleckert.
Und bitte Leute, Text zu schreiben
denn es heißt, dass Texte bleiben.
Dann les ich wieder die Entwürfe
und schau, ob ihrer mehr bedürfe.
Dann noch die Personalvertretung.
Ich bin dabei, oft mit Verspätung.
Hetze in das Sitzungszimmer
ess den guten Kuchen immer.
Sonst gibt es längst nichts mehr zu essen.
Dies zu verlangen, wär vermessen.
Nur höchste Chefs, die dürfen schlemmen.
Die andern solln sich bitte hemmen.
Die Sparsamkeit ist ein Gebot.
Das ist ja richtig, tut ja not.
Doch scheint man nur an uns zu sparen
verprasst so viele Gelder waren.
Ach, gar nicht möchte ich hier jammern.
Ich hab‘s doch gut, ich sitz in Kammern,
habs warm im Sommer, kühl im Winter,
doch komm ich mehr und mehr dahinter:
Der Druck nimmt zu, das ist kein Reden
Das ist Erfahrung, ist Erleben.
Vor kurzer Zeit starb ein Kollege,
Infarkt ganz plötzlich auf dem Wege.
Denn Stress macht krank, das wissen alle.
Nur sind die jungen Chefs vom Stalle
dass sie damit zwar Reden zieren
doch eigentlich das kritisieren.
Ob sie flehn, diese Alten, Mürben,
vielleicht wär‘s besser, wenn sie stürben?
Dann wäre alles so ganz neu
und sie wärn in der Tat ganz frei.
Dann würde nicht mehr jemand nerven
und spontane Ideen verwerfen.
Dann gäbe es nichts zu bedenken
dann könnt‘ man Raum dem Neuen schenken.
Dann wär‘s so einfach, abzuschaffen.
Dann würde man so vieles straffen.
Dann könnte alles neu entstehen
das Alte würd verfalln, vergehen.
Vielleicht ist das auch übertrieben.
Vielleicht wolln sie auch, dass wir blieben.
Zwar mit Bedenken und dem Wissen
doch bitte ohne Ruhekissen
das sie uns mental unterschieben.
Auf auf, ins Neue, hiergeblieben!
Begeistert euch für unsere Phrasen.
Es ist doch toll, was wir so lasen?
Kleinkrämerisches Hinterfragen
das passt hier nicht, wer kann es wagen?
Bleib hier, zieh mit, schreib unsre Zeilen
am besten wäre, du würd`st eilen.
Ich geh in mich, stell mir die Frage:
Ist‘s an der Zeit, dass ich was wage?
Dass ich dem ganzen Stress entfliehe,
auf und davon, von dannen ziehe?
Ich würde in ein Nichts mich werfen
so ungewohnt, schlecht für die Nerven.
Kredit, der läuft, das Kind braucht Gelder
und da wär‘n noch andre Felder.
Bin doch Beamtin, abgesichert,
als junge Frau hab ich gekichert
über dieses Sicherheitsdenken
wollt‘ daraus nicht mein Handeln lenken.
Und nun sitz ich in der Falle.
Abgesichert, aber alle.
Erschöpft vom Stress und von den Plagen,
genervt von Hektik, Zeitdruck, Klagen.
Ich geh in mich, stell mir die Frage:
Ist‘s an der Zeit, dass ich es wage
all dieses hinter mir zu lassen
am besten, ohne es zu hassen?
In Liebe für mich auszusteigen
ins Hier und Jetzt, den bunten Reigen?
Meine Wohnung zu verkaufen
mit meinem Sohn zu Fuß zu laufen?
Auf das Gehalt schlicht zu verzichten
die and‘ren Dinge zu gewichten -
die tiefe Ruhe, Zeit im Leben,
im Innern nach dem Licht zu streben?
Es klingt verlockend und auch nicht.
Mein Sohn will es ganz sicher nicht
dass wir unser Heim verlassen,
was wir so lieben, könnt‘s nicht fassen.
Und ich geh in mich, stell die Frage:
Wird‘s Zeit, dass ich was Neues wage?
Und in mir zeigt sich ein Gedanke
als Antwort, leitend wie die Planke.
Du brauchst nicht alles aufzugeben,
bleib doch dabei, bei deinem Leben.
Doch für die Ruhe sorge immer -
auch wenn es Stress gibt, lass sie nimmer.
Gib deinem Körper, was er braucht.
Und lass nicht zu, dass er geschlaucht.
Führ ihm die guten Kräfte zu
Bewegung, warmes Essen, Ruh‘.
Die Ruhe in dir ist ganz wichtig,
nur wenn du runterkommst, ist‘s richtig.
Dein Körper braucht die Ruhephasen
für neue Kräfte, wie wir lasen.
Lass das System hinunterfahren.
Sei dir darüber im Klaren:
Nur wenn du abtauchst, kannst du schwimmen
und auch die Höhen mal erklimmen.
Dein Atem und die Körpermitte,
achte darauf, bitte, bitte.
Sei gut zu dir, lass dich nicht treiben,
du darfst stets in der Ruhe bleiben.
Mach Yoga, atme, meditiere,
komm ganz zu dir und praktiziere
Heilstrom tanken und Gebet,
denn dafür ist es nie zu spät.
Sei gut zu dir und deinen Zellen
lass sie sich ganz vom Licht erhellen.
Vertrau und glaube, bleib in Stille
die Ruhe in dir sei dein Wille.
So sprach‘s in mir, so der Gedanke,
ich nahm ihn an als meine Planke.
Geh also weiter in‘s Büro -
die Ruhe in mir das Plateau.
(2023)