Der sehr geliebte Mensch muss sterben
Organe haben schon den Dienst versagt
und ein Gefäßverschluss im Schenkel
führt dazu, dass kein Blut mehr in das Bein vermag.
Im Bauchraum sind Geschwüre trotz der Werte
die kurz zuvor noch wirkten wie gesenkt.
Die ihm ein frohes letztes halbes Jahr bescherten
und die ihm Reisen, Chor und Lebensqualität geschenkt.
Schon vor der Chemo aber kam der Zucker
und zog das Wasser aus dem Körper fast hinaus
und führte nach der Chemo dann zur Ohnmacht
nun liegt er und die Spucke bleibt ihm aus.
Er kann nur noch ganz schwer artikulieren
der Körper zuckt, die Muskeln spannen an.
Er scheint in ferne Welten abzudriften
und sagt zum Zimmernachbarn „Guter Mann“.
Er weiß, dass er am Sterben ist,
das Ende nicht mehr weit.
„Wenn ich noch nicht verschieden bin, dann bleibt mir
vielleicht nur noch ein kleines bisschen Zeit.“
So liegt er da, der liebe Mensch, und röchelt
weil Mund und Rachen trocken sind und rau.
Dann wieder singt er alte Lieder
und sagt „Hallo“ zu einer schönen jungen Frau.
Es ist nicht leicht, den Vater loszulassen
in Welten, die nicht ihm noch mir bekannt.
Doch dass er geht, das ist nicht mehr zu leugnen.
Ich glaube fest, er geht an Gottes Hand.
(2020)